
Mit schöner Musik in den Tag starten, wissen was in der Stadt los ist, Unterhaltung und Infos beim Autofahren – eigentlich höre ich gerne Radio. Eigentlich … Wären da nicht die verhängnisvollen 5 Minuten jede halbe Stunde vor den Nachrichten, die alle Nackenhaare aufstellen und die Finger hektisch nach dem Aus-Schalter tasten lassen.
Gemeint ist Radiowerbung. Die eigentlich auch spannend, lustig und angenehm sein könnte. Eigentlich. Warum ist sie aber meistens so nervig wie in keinem anderen Medium? Schauen wir uns die häufigsten Stilmittel an, mit denen die Möglichkeiten von Funkspots und der Tag der Zuhörer konsequent versaut werden. Hier die 5 Todsünden:
1. Dämliche Dialoge: „Du Scha-hatz?“ – „Ja Schatz?“ – „Wir müssten mal wieder Urlaub machen.“ – „Warum nicht jetzt sofort, Schatz? Es gibt doch da das tolle Angebot von…“ So reden Menschen nicht. Zumindest keine normalen. Und Gott sei Dank dafür.
2. Aufdringliche Off-Sprecher: Ein Spot beginnt mit einem Dialog (meistens ein „Schatz“-Dialog, s. o.), und dann mischt sich mit doppelter Lautstärke ein völlig überdrehter Off-Sprecher ein: „Ja genau!! So isses!! Recht hat sie, denn…“ Zum Brechen.
3. Penetranz: Wenn ich den Namen eines Müsliherstellers oder Autoglasreparierers in 30 Sekunden gefühlte 30 Mal höre, weiß ich eins: Lieber esse ich eine Schale Würmer oder kaufe mir ein neues Auto als auf diese Marken zurückzugreifen.
4. Schock-Einstieg: Da fährt man gemütlich Auto und hört plötzlich ein lautes Krachen und Hupen. Was ist passiert?? Wen habe ich überfahren?? Um dann weiter zu hören: „Ein Unfall passiert schneller als man denkt. Vertrauen Sie deshalb der XY-Versicherung …“
5. Visuelle Beschreibungen: „Oh guck mal Mama, da geht ein alter Mann über die Straße. Oh nein, und jetzt rutscht er auf einer Bananenschale aus…“ – „Hoffentlich ist er gut versichert, denn …“ Wer so in einem akustischen Medium textet, missbraucht es.
Fazit: Wenn die genannten 5 Punkte vermieden würden, wäre schon viel getan. Vielleicht halten die Verantwortlichen die Leute für so taub und dumm, dass sie denken, ihre Ohren mit Müll zuschütten zu müssen. Den zweiten Vorwurf müssten sie sich dann aber eher selbst gefallen lassen. Ist es nicht so?
Genau Schatz, so isses!!!
Kai Frese, Jahrgang 1973,
ist Diplom-Übersetzer und freier Texter in Berlin, u. a. für die Schleuse01